Unsere Lieblings-YouTuberin/EduTuberin Marija Dobrovolska spricht mit uns über das Deutschlernen, YouTube und Prüfungsangst.
von Vangelis Koukidis
1. Gerade ist dein Buch beim Praxis Spezialverlag DaF erschienen. Wer bist du eigentlich?
Ich bin Marija :) Youtuberin bzw. Edutuberin seit 7 Jahren. Ich habe inzwischen weit über 1000 Videos zur deutschen Sprache, Prüfungen und Motivation auf dem Gewissen. Studiert habe ich Lehramt, fühle mich aber in der Erwachsenenbildung wohler. In meiner Freizeit schreibe ich Geschichten.
2. Welche ist deine Beziehung zur deutschen Sprache?
Ich liebe sie heiß und innig, seit ich mit 11 Jahren fast ein Schuljahr an der Waldorfschule Mannheim verbrachte und mein Deutsch von A0 bis C2 brachte ;)
3. Wieso hast du dich entschieden, dich so sehr mit YouTube zu beschäftigen?
Es war eher Zufall, muss ich gestehen. Ich hatte damals die Idee, ein paar Erklärvideos für meinen damaligen Offlinekurs zu machen, damit diejenigen, die den Stoff aus dem Unterricht wiederholen wollten oder an dem Tag gefehlt hatten, nichts versäumten.
Dass die Videos so viel Zuspruch bekommen würden, hätte ich mir nie träumen lassen.
4. Und die Online-Sprachschule? Warum machst du das nur online? Ist das deine große Liebe oder eher dein Kanal?
Meine große Liebe ist und bleibt mein Youtubekanal (beide, eigentlich - ich habe einen deutschen und einen russischsprachigen).
Die Onlineschule entstand auf zahlreiche Anfragen hin, weil so viele Leute meinen Unterrichtsstil mochten und sich komplette Kurse wünschten.
5. Dein Buch trägt einen anregenden Titel: „Wie du deine Deutschprüfung bestehst – und deine Flügel behältst“. Was hat dich dazu inspiriert?
Ich habe die Zeit der Pandemie dafür genutzt, eine NLP (Neuro-Linguistic Programming) Ausbildung zu machen. Dort lernte ich, wie wichtig die Arbeit mit den eigenen Emotionen ist und was für eine wesentliche Rolle das Unterbewusstsein beim Lernen spielt. Da kam mir die Idee, ein Buch zu schreiben, in dem es nicht bloß um die Sprache gehen würde, sondern auch um Motivation und den Umgang mit Erfolg und Misserfolg...
6. Eine Sprachprüfung bestehen: inwieweit ist das eine Frage des Könnens? Und was bedeutet es, ein Sprachzertifikat zu besitzen, ohne die Sprache entsprechend gut zu beherrschen?
Es ist etwas, was ich in so vielen Videos wiederholt habe: sich durch eine Prüfung zu schummeln hilft keinem. Es fliegt früh genug auf, dass man nicht das nötige Niveau erreicht hat. Von daher sage ich sehr gerne, dass ich mir nichts aus Prüfungen mache, aber dafür umso mehr aus Menschen. Ich begleite Menschen so gerne auf dem Weg zum Erfolg - das ist mein Traumjob!
7. Wo siehst du die größten Herausforderungen für DaF/DaZ-LehrerInnen in der nahen Zukunft?
Die Herausforderungen sind ähnlich wie in der gesamten Bildungsbranche. Es geht darum, zu entscheiden, was Menschen besser können als KI und das Lernen entsprechend neu zu organisieren, damit Menschen keine Zeit verlieren mit Dingen, die KI schneller und besser erledigt und sich dafür kreativeren und "menschlicheren" Aufgaben widmen.
8. Und wie sieht´s mit Kursanbietern aus? In welche Richtung müssten sie sich bewegen?
Die Kursanbieter müssten flexibel auf die Veränderungen reagieren. Im Moment ist das System sehr rigide und wenn z. B. eine neue Prüfung kommt oder sonstige neue Anforderungen, dann hört man es oft knirschen im Gebälk, wenn sich alte Systeme an neue Situationen anpassen müssen.
9. DaF/DaZ in den D-A-CH-Ländern vs. DaF im Ausland: Welche Unterschiede gibt es und was bedeuten diese für die Arbeit der Lehrkräfte?
Ich selbst lebe ja seit bald 18 Jahren in Deutschland, deswegen sind meine Erfahrungen im Ausland einfach zu lange her. Was aber ganz hilfreich wäre: den Mythos "Man lernt eine Sprache am besten in der Sprachumgebung mit Muttersprachlern" aufzulösen. Durch das Internet gibt es so eine unglaubliche Bandbreite von Angeboten, unabhängig vom Land, wo man sich befindet!
10. Was kannst du Deutschlernenden raten, damit ihre Erfahrung mit der Sprache besser bzw. einfacher wird?
Immer bei sich selbst anfangen, nicht beim "Stoff". Zuerst verstehen, wie man am besten lernt, welche Lerntechniken für einen selbst am besten funktionieren. Weniger auswendig lernen, mehr üben, aktiver sein, mehr Fragen stellen.
11. Welche Art von Deutschlernenden magst du besonders? Gibt es die eine Lernerin bzw. den einen Lerner, die / den du nie vergessen wirst?
Oh, das ist eine Fangfrage, oder? Ich mag alle, weil sie so verschieden sind - aber am liebsten die "Unbequemen", die viele Fragen stellen, alles hinterfragen und mit den Lehrern diskutieren. Ein paar konkrete Lernende kommen mit ihren Geschichten in meinem Buch vor!
12. Bis zu welchem Punkt sind gute Vorkenntnisse in anderen Fremdsprachen hilfreich beim Erlernen der deutschen Sprache, die ja bekanntlich als besonders schwer und anspruchsvoll gilt?
Bis zum 34. Punkt :) Gute Vorkenntnisse sind besonders wichtig im Hinblick auf die Lernstrategien. Jemand, der 5+ Sprachen beherrscht, lernt die 6. allein schon deswegen viel leichter, weil er/sie sich selbst und die eigenen Lerngewohnheiten viel besser kennt.
Dass Deutsch besonders kompliziert ist, halte ich für ein Gerücht :) Es kommt immer darauf an, womit man die Sprache vergleicht ;)
13. Leidest du mit deinen KursteilnehmerInnen, während sie sich auf ihre Prüfungen vorbereiten, oder bleibst du bewusst cool und distanziert?
Ich bin wie eine Fackel: ich zünde an (motiviere), verbrenne selbst aber nicht ;) Ich empfinde selbstverständlich Empathie für meine KursteilnehmerInnen, aber ich leide nicht mit ihnen mit. Ich sage: eine Prüfung ist nur eine Prüfung, sie sagt nichts über deine Persönlichkeit aus. Und manchmal ist es sogar gut, bei der Prüfung durchzufallen. Man gewinnt Zeit, man sieht manchmal sogar andere Wege dadurch.
Marijas Buch: Wie du deine Deutschprüfung bestehst – und deine Flügel behältst
Marijas Kanal: Deutsch mit Marija
Bilder:@lo_ kelsch